Familienaufstellung
Kaum ein therapeutischer Ansatz ist umstrittener als die Familienaufstellung, die vor allem durch Bert Hellinger bekannt wurde.
Was ist eine Familienaufstellung?
Sie findet in einer Gruppe aus zufällig zusammengewürfelten Personen statt, die psychisch gesund und stabil sind.
Eine Person aus der Gruppe, die ein Problem bearbeiten -, oder etwas über sich erfahren möchte, meldet sich als „Aufsteller“ und stellt im Verlauf die Personen des Systems im Raum auf. Die Personen, die sich stellvertretend für die Personen des Systems im Raum positionieren lassen, nennt man „Stellvertreter“. Das System kann die Herkunftsfamilie oder auch eine berufliche oder private Situation sein.
Die aufgestellte Gruppe zeigt gut sichtbar Beziehungsmuster oder Konflikte auf, die dem Aufsteller nicht bewusst sind. Die Stellvertreter werden vom Aufstellungsleiter befragt, wie es ihnen an ihrem Platz geht (drei Sätze und ein Schlagwort). Diese Aussagen bringen oftmals auch „Licht“ in ein System.
Die Stellvertreter brauchen für das Einspüren und Aussprechen der Befindlichkeit keine besonderen Befähigungen, sondern schlichtweg nur die Bereitschaft, sich mit ihrem Fühlen, Spüren und Aussprechen zur Verfügung zu stellen.
Der Aufstellungsleiter leitet die ganze Gruppe an, Unausgesprochenes auszusprechen, Klärung zwischen Personen zu suchen, und ggf auch Vergebung zu erbitten oder zu gewähren. Gott, in Gestalt eines Kreuzes, kann in der „Familienaufstellung auf biblischer Basis“ mit im System aufgestellt werden, und dient zur Repräsentanz Gottes, die Stärkung und Lösung möglich macht. So will der Aufstellungsleiter mit Gottes Hilfe zu einer passenden Lösung für den Aufsteller kommen.
Was ist das Ziel der Familienaufstellung?
Ziel ist es, Beziehungen zwischen Familienmitgliedern oder Mitgliedern einer Gruppe bildhaft darzustellen und so die damit verbundenen Gefühle und Gedanken bewusst zu machen.
Dabei werden häufig bisher unbewusste Konflikte oder ungünstige Beziehungsmuster aufgedeckt.
Diese können durch die aktuelle Situation, aber auch durch Einflüsse aus der Vergangenheit geprägt sein.
In der Familienaufstellung geht es um ein Bewusstmachen von Unbewusstem, um ein Aussprechen von bisher Unausgesprochenem, und nicht um ein Bloßstellen oder Anklagen!
Allein schon das Aussprechen von Wahrgenommenem wirkt lösend und heilend.
Durchführung der Familienaufstellung:
Der Aufstellungsleiter stellt zunächst Fragen zur Problematik und zum Auftrag für die Aufstellung: Was soll das Ziel der Aufstellung für den Aufsteller sein?
Der Aufsteller fragt jeweils eine Person, ob sie für jemanden aus dem System stellvertretend stehen will. Man darf in sich hineinhorchen, und wenn es nicht stimmig ist, darf man jederzeit ablehnen.
Der Aufsteller stellt die Stellvertreter seiner Familienmitglieder so im Raum auf, dass sie für ihn intuitiv in der „richtigen Beziehung“ zueinander stehen.
Auch der Aufsteller selbst wird zunächst in Stellvertretung gestellt. Steht jeder an seinem Platz, spürt sich jeder Stellvertreter ein: Wie geht es mir gerade? Was fühle ich? Welchen Impuls habe ich? Wie fühlt sich mein Körper an? usw.
Anschließend berichten die einzelnen Stellvertreter, wie es ihnen in ihrer jeweiligen Position geht. Auf diese Weise werden problematische Beziehungsmuster sichtbar.
Was ist sonst noch zu erwähnen?
Uns ist es wichtig zu betonen, dass es hier nicht um Totenbefragung geht, wenn ein Systemmitglied schon verstorben ist, und dennoch aufgestellt wird, um das Gesamtsystem zu erfassen! Die verstorbene Person wird nach ihrer Wahrnehmung im Familiensystem befragt, um Zusammenhänge deutlich zu machen. Das hat nichts mit Totenbefragung zu tun.
Der Aufstellungsleiter gibt Impulse für Veränderungen im System, solange, bis es einen guten Abschluss findet bzw. sich eine Lösung zeigt.
Auch Schuld, Belastungen oder Verstrickungen unserer Vorfahren werden sichtbar, und können mit Gottes Hilfe gelöst werden.
Über die Wirkung einer Familienaufstellung:
Es entsteht eine neue Sichtweise der eigenen Familiengeschichte und eine Neubewertung problematischer Verhaltens- und Beziehungsmuster. Dinge endlich einmal ausgesprochen und geklärt zu haben, wenngleich mit Stellvertretern, schafft Veränderung. Auch die Wahrnehmung der Stellvertreter zu hören, ist meist sehr erhellend. Anschließend können daraus, zusammen mit dem Aufstellungsleiter, neue, hilfreichere Bewertungsmuster und Verhaltensweisen abgeleitet und ausprobiert werden.
Es empfiehlt sich, eine Familienaufstellung nur als ein Element / Baustein in einer laufenden Beratung u. Seelsorge zu verstehen. Das Erkannte und Neue ist nicht die schnelle Lösung, sondern die Basis für weitere konstruktive Beratungs-Gespräche.
Gegenüber anderen Therapiemethoden hat eine Familienaufstellung den Vorteil, dass hier die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern bildlich dargestellt werden und dabei das Familiensystem im Ganzen sichtbar gemacht wird. Die einzelnen Mitglieder des Systems bekommen eine Gestalt und eine Stimme.
Weshalb die Äußerungen der aufgestellten Personen so stimmig sind, lässt sich nicht bis ins Letzte erklären. Die Forschung spricht von einem „wissenden Feld“.
Wir möchten darauf hinweisen, dass selbstverständlich die Schweigepflicht für alle beteiligten Personen gilt. Nichts, was hier gesprochen wird, wird an Außenstehende weitererzählt. Es liegt eine Schweigepflichterklärung aus, die wir bitten, zu unterschreiben.